Was viele nicht wissen: Stetten hat ein eigenes Schloss, das einfach einen falschen Namen trägt! Eigentlich müsste es ja Schloss Stetten heissen. Doch wir wollen grosszügig sein und lassen den geschätzten Nachbarn Herblingen "ihr" Schloss. Mit den Herblingern hat Stetten wie im übrigen auch mit seinen beiden anderen Nachbardörfern Lohn und Büttenhardt ein gutes, freundschaftliches Verhältnis. Leider liegt die Geschichte des Schlosses Herblingen, das auf Stettemer Gemarkung steht, im Dunkeln. Wann und zu welchem Zweck es erbaut wurde, ist unbekannt. War dort früher eine keltische Fliehburg und wurde später von den Alemannen ein Burgfried oder Wachtturm zur Beobachtung der römischen Grenze entlang dem Rhein erbaut? Im frühen Mittelalter muss ein niederer Adel bestanden haben, der zu Herblingen regierte. Es ist bekannt, dass aus den Edlen von Herwilingen ein Konrad von Herwilingen 1258 Pleban zu Schwarza war, sich aber nach der Gründung des Klosters Paradies von Schwarza zurückzog. Er wurde dann Canonicus zu Chur und Notar König Rudolfs von Habsburg.
1281 erbaute dieser Konrad die Schlosskapelle neu, die dann von Bischof Albert, als Vertreter des Bischofs von Konstanz, geweiht wurde. Die Parochialrechte (Kirchenrechte) des Klosters Paradies zu Lohn wurden jedoch ausdrücklich vorbehalten, da Herblingen wie Stetten in Lohn kirchengenössig war.
Nach jüngeren Quellen soll bereits im Jahre 1052 durch Papst Leo IK, als er zur Weihe der Klosterkirche in Schaffhausen weilte, eine Schlosskapelle auf Herblingen geweiht worden sein. Das Schloss müsste also damals schon bestanden haben.
Die österreichischen Herrscher setzten dann Ende des 13. Jahrhunderts ihre Verwalter auf Schloss Herblingen ein, und 1323 erhielt der Truchsesse Johann von Diessenhofen alle Leute, die zur Burg Herblingen gehörten, von Herzog Lütpold als Pfand. 1330 wurde von den Herzögen Otto und Albrecht ganz Herblingen mit dem Schloss dem Johann von Diessenhofen als Pfand übergeben. Die Truchsessen schienen dann das Schloss als ihr Eigentum angesehen zu haben. Sie verarmten aber bald, mussten bei dem Schaffhauser Bürger Adam Cron Geld borgen und verpfändeten 1463 das Schloss.
Nach dem Chronisten J.J. Rüeger hat jedoch Adam Cron 1448 das Schloss rechtmässig von einem Hans Heinrich Truchsessen erkauft. 1497 begab sich Hans, der Sohn von Adam Cron, mit seinem Schloss in das Burgrecht und den Schirm der Stadt Schaffhausen. 1502 verkaufte Adam Cron (Sohn Hans musste inzwischen verstorben sein) das Schloss Herblingen an den «wolgelerten der frien künst maister» Hans Löw aus Schaffhausen, der es 1507 an einen Beringer von Landenberg zu Greifensee (Schwiegersohn von Bürgermeister Trüllerey zu Schaffhausen) veräusserte.
1534 gelangte die Stadt Schaffhausen in den Besitz des Schlosses durch Kauf von der Witwe Dorothea von Landenberg. Die Stadt gab es mit vielen Liegenschaften an Joachim Brümsi als Erblehen, kaufte aber dieses Lehen 1565 vom Sohne Hs. Caspar Brümsi wieder zurück, um es den Obervögten (erster Obervogt: Beat Brunner 1566-1572) zur Verfügung stellen zu können. In der Folge wohnten dann die Obervögte über Hegau und Reiat zur Hauptsache auf Schloss Herblingen.
Die Zusammenstellung der einstigen Schlossbesitzer zeigt, dass das Schloss Herblingen nie ein traditioneller Familienbesitz war. Im Gegenteil scheint es zeitweise ein dankbares Spekulationsobjekt gewesen zu sein. Auch wird man den Verdacht nicht los, dass es gewissen Besitzern nur um Kapitalverschiebungen aus Deutschland nach der Schweiz. Der langjährige Besitzer, Max Rutishauser, passte aber gar nicht ins eher düstere Bild, das man sich von vielen ehemaligen Schlossherren machen musste. Im Gegenteil hat er mit viel Liebe und Sachverständnis den vernachlässigten Bau zu einem prachtvollen Herrschaftssitz gewandelt. Nach dem Tode von Max Rutishauser führte sein Lebenspartner Henk Nieboer das Schloss im Sinne von Max Rutishauser weiter. Leider ist die stilvolle Schlosstaverne in einer eisig kalten Nacht am 16.Januar 1982 vollständig ausgebrannt. Und dies just am Wochenende, wo der Grossteil der Stettemer Männer und damit die meisten Feuerwehrangehörigen auf dem jährlichen Skiausflug in den Bündner Bergen weilte. Das Löschwasser gefror direkt beim Auftreffen auf den kalten Boden vor der Brandstätte.
Beliebt waren auch die wunderschönen Weihnachtsbeleuchtungen mit abertausenden Leuchtkerzen und weiss gespritzten Christbäumen, die das Schloss in eine wahre Märchenlandschaft verwandelten. Die Schlosstaverne hatte einen ausgezeichneten gastronomischen Ruf. So war u.a. auch Kunststuben-Gaul Millaut-Koch Horst Petermann auf Schloss Herblingen, und dann und wann landete Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz mit dem Helikopter und seinen Gästen zu einem feinen Abendessen! Henk Niebor verkaufte die wertvolle Inneneinrichtung des Schlosses mit einem in der ganzen Welt vielbeachteten "Castle Sales", das das berühmte Londoner Auktionshaus Christie’s durchführte. Nach dem Tode von Henk Niebor im Jahre 1999 stand das Schloss längere Zeit leer. Mit grosser Freude konnte anfangs 2000 vermeldet werden, dass die Gebrüder Peter und Stephan Günthart, die Besitzer der gleichnamigen Günthart AG (Süsswarenprodukte), das Schloss gekauft hatten, um darin ihren weltweiten Firmensitz und auch den privaten Wohnsitz einzurichten. Sehr viel Geld wurde von den Gebrüdern Günthardt in die aufwändige Renovation des schönen Schlosses investiert. So konnte das stolz über Herblingen thronende Schloss vor dem Verfall gerettet werden, und endlich ist auch wieder Leben in die Schlossmauern eingezogen.
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